Die Schweizer Personalvorsorge hat den ASIP, den Versicherungsverband, die Kammer der PK-Experten, inter-pension und Josef Bachmann, Präsident der IZS, um kurze Stellungnahmen zur BVG-Revision 21 gebeten. Fazit: die Versicherungen sind sehr dafür, der Pensionskassenverband ziemlich, inter-pension kann damit leben, die Experten sind klar dagegen, wie auch Bachmann von der IZS.
Schweizer Personalvorsorge
Die Kennzahlen der kantonalen Kassen
Die Schweizer Personalvorsorge hat wiederum alle wichtigen Kennzahlen der kantonalen Kassen erfasst und in einer Excel-Tabelle dargestellt. Kaspar Hohler, Chefredaktor der Schweizer Personalvorsorge, schreibt zum Thema technischer Zins dazu:
Die grosse Frage ist nun, ob Pensionskassen auch ihren technischen Zins anheben sollen. Dagegen spricht, dass der Satz vielerorts so langsam gesenkt wurde, dass er vor zwei Jahren noch zu hoch und im heutigen Umfeld gerade angemessen ist. Pensionskassen mit tieferen Sätzen können auch versucht sein, in der Bewertung eine gewisse Sicherheitsmarge zu schaffen.
Dafür spricht, dass sich der Satz an die effektiven Renditeerwartungen anlehnen soll, was auch die entsprechende Fachrichtline (FRP 4) der Pensionskassen-Experten nahelegt. Und eine Erhöhung des technischen Zinses hat den netten Nebeneffekt, und damit schliesst sich der Bogen zum Einstieg, dass der Deckungsgrad steigt: Für die Rentner muss weniger Kapital reserviert werden, die Verpflichtungsseite wiegt dadurch weniger schwer.
Bei der Festlegung des technischen Zinssatzes sollte sich der Stiftungsrat nicht von Bilanzkosmetik leiten lassen. Aber angenehme Nebeneffekte sind Entscheiden sicher zuträglicher als unangenehme.
Wieviel Risiko?
Referenten und Podiumsteilnehmer beim Pension Panel von inter-pension: Von links: Stephan Wyss, Kaspar Hohler (Moderation), Iwan Deplazes, Laetitia Raboud, Dieter Stohler, Laurent Schläfli. Foto Schweiz. Personalvorsorge
Kaspar Hohler berichtet auf der Website der Schweizer Personalvorsorge über das Pension Panel von inter-pension, an welchem die neue OAK-Direktorin Laetitia Raboud über die Vorhaben der OAK im laufenden Jahre referiert und Stephan Wyss, Prevanto, sich dem Thema Technischer Zins widmete. Hohler schreibt:
Im Anschluss an Raboud referierte Stephan Wyss, Experte für berufliche Vorsorge und Patrner bei Prevanto AG, zum technischen Zinssatz und nahm sich die Aufforderung des Organisators zu Herzen, etwas zu provozieren: Er plädierte nachdrücklich für einen risikoarmen technischen Zinssatz (was notabene explizit nicht bedeute, dass das Rentnerkapital auch risikoarm angelegt werden solle).
Lägen die Bewertungszinssätze der Bilanzaktiven und -passiven zu weit auseinander, so grenze dies an eine gesetzlich vorgesehene «Bilanzfälschung».
Den in der FRP 4 gesetzten Risikozuschlag von 2.5% für die Obergrenze des technischen Zinssatzes bezeichnete er als «abenteuerlich» und anlagetechnisch langfristig gesehen als unrealistisch. Statt des Top-Down-Ansatzes der FRP 4 würde Wyss einen Bottom-Up-Ansatz begrüssen, bei dem auf die Rendite 10jährigen Bundesobligationen 0.5 bis 1.0% zugeschlagen werden – womit man im Übrigen just bei den heute verbreiteten technischen Zinssätzen von 1.5 bis 2% landet.
Wyss schloss sein Referat mit dem Hinweis, dass dem technischen Zinssatz in der Branche eine zu hohe Bedeutung zugemessen werde und es vielmehr auf den Umwandlungssatz und die implizite Zinsgarantie ankäme.
Die kantonalen PKs 2021
Anne Yammine, Redaktorin der Schweizer Personalvorsorge, hat wiederum die Daten der kantonalen Pensionskassen per Ende 2021 zusammengefasst und kommentiert. Sie hält u.a. fest:
Alle Daten wurden direkt bei den Kassenleitenden erhoben. Unsere Stichprobe umfasst 27 Vorsorgeeinrichtungen. Es sind mehrheitlich Sammel- oder Gemeinschaftseinrichtungen öffentlicher Hand, bis auf die Zürcher BVK, die privatrechtlicher Natur ist, aber auch Klienten der öffentlichen Hand versichert. Das diesjährige Sample umfasst ein Total von knapp 534900 Akivversicherten, gut 204’650 Altersrentnern und ein Vorsorgevermögen von gesamthaft gut 221 Mrd. Franken, was rund 22% des schweizweit vorhandenen Vorsorgevermögens von über 1 Billion Franken entspricht.
Der Mittelwert aller Deckungsgrade lag bei gut 104 %, was im Vergleich zum Vorjahr einem Plus von 4 % entspricht. Der Deckungsgrad der neun rein teilkapitalisierten Kassen steht per Ende 2021 im Mittel bei gut 86%. Der Deckungsgrad der Kassen in reiner Vollkapitalisierung liegt bei knapp 114%. (…)
5 Irrtümer beim Kapitalbezug
In der Schweizer Personalvorsorge Nr. 1/22 kommentiert Stephan Wyss (PK-Experte Prevanto) die steigenden Kapitalbezüge und die nicht immer ganz realitätsgerechte Beratung der Versicherten in dieser Frage. Er hält u.a. fest:
Oft ärgere ich mich, wenn ich in Broschüren lese, dass bei einer Lebenserwartung von 20 Jahren im Alter 65 und einem Umwandlungssatz von 5 % problemlos das Kapital bezogen werden könne, denn es sei praktisch ausgeschlossen, dass man in 20 Jahren keine positive Rendite erzielen würde. Nur schon mit 2 % könne man sich ein Einkommen für 25 Jahre, sprich bis zum Alter 90 sichern.
Irrtum 1: Der Berater hat die Ehegattenrente unterschlagen, die auch dann ausbezahlt wird, wenn das individuelle Kapital aufgebraucht ist. Irrtum 2: Das Rechnungsmodell der Beraterin ist pfadabhängig, sprich Renditen sind zufällig, und zufälliger- weise können diese auch am Anfang negativ sein, der Verlust in Franken aufgrund des Basiseffekts kaum mehr aufholbar. Irrtum 3: Die Lebenserwartung einer 65-jährigen Person liegt heute nicht bei 85, sondern bei gegen 90 Jahren. Irrtum 4: Privatanlagen kosten rund zwei- bis viermal mehr als Pensionskassenanlagen (sic!). Irrtum 5: Der emotionale Stress einer eigenverantwortlichen Rentensicherung wird unterschätzt.
Fazit: Es würde mich nicht wundern, wenn sich der Gesetzgeber noch einmal mit dem Verbot des Kapitalbezugs im BVG- Minimum befassen würde, obwohl er dieses Verbot gerade kürzlich abgelehnt hat.
Frauen in der 2. Säule
Anne Yammine, Redaktorin der Schweizer Personalvorsorge, hat die Einleitung geschrieben zu einer Sammlung von Beiträgen zum Thema Frauen in der 2. Säule, die in der Zeitschrift seit 2020 erschienen sind. Der Text ist frei verfügbar. Yammine hält fest:
Die Schweizer Frauen in der 2. Säule, die wir im vorliegenden E-Paper porträtieren, arbeiten in den meisten Fällen in einem Vollzeitpensum. Sie sind berufsbedingt darauf geeicht, Vorsorgelücken zu erkennen und auch frühzeitig zu füllen, respektiv gar nicht aufkommen zu lassen. Wir haben in unserer Frauenserie diesen Protagonistinnen der beruflichen Vorsorge in der Schweiz ein Gesicht gegeben und uns mit ihnen über ihre persönliche Arbeits-, Vorsorge- und Familiensituation unterhalten, wobei auch die Frauenperspektive in der sozialen Sicherheit analysiert wurde. Dieses E-Paper repliziert die ganze Frauenserie aus der «Schweizer Personalvorsorge» und wartet mit zusätzlichen Texten auf. Wir wünschen Ihnen eine bereichernde Lektüre und hoffen, dass die eine oder andere Idee Sie zum Nachdenken anregt und vielleicht Ihr Leben gar optimierend beeinflussen kann.
Die kantonalen PKs und ihre Eckdaten
Umverteilung: Schätzung mit Fragezeichen
Kaspar Hohler, Chefredaktor der Schweizer Personalvorsorge, hat in Ausgabe 04/2021 die OAK-Schätzung der Umverteilung unter die Lupe genommen. Die Schätzung – sie beläuft sich für 2019 auf 7,2 Mrd. Franken – wird eifrig zitiert und kommuniziert, ist aber nicht über alle Zweifel erhaben. Möglicherweise liegt sie zu hoch. Das verwendete Zahlenmaterial ist unvollständig weil teilweise nicht verfügbar, weshalb man auf Annahmen zurückgreifen muss, die bestenfalls plausibel sind. Das betrifft u.a. Angaben zur Vollversicherung sowie die Berücksichtigung der Rückstellungen. Hohler hält fest:
Für das Jahr 2019 liesse sich die Umverteilung durchaus auch grundsätzlich hinterfragen: Unterstellt man für das Vorsorgekapital Rentner (376 Mrd.) die durchschnittliche Rendite von 10.4 Prozent, so ergibt sich ein Ertrag von 39.1 Mrd. Franken. Folgt man der OAK-Logik, wurden davon nur 21.3 Mrd. den Rentnern zugewiesen (9.6 Mrd. Verzinsung, 9.6 Mrd. technische Rückstellungen sowie 2.1 Mrd. Pensionierungsverluste). Eine Umverteilung hin zu den Rentnern ist in diesen Zahlen nicht erkennbar – vielmehr trugen die Rentner (wie auch die Aktiven) 2019 zum Aufbau von Rückstellungen und Wertschwankungsreserven bei.
Die Zahlen zur Umverteilung müssen im Übrigen nicht nur rückblickend kritisch hinterfragt werden. Im Jahr 2020 sind coronabedingt leider mehr Todes fälle eingetreten als angenommen, was sich versicherungstechnisch in «Mutationsgewinnen» niederschlägt. Wie wirken sich diese auf die Zahlen zur Umverteilung aus?
Die Zahlen zu 2021 liegen zwar noch ein gutes Jahr in der Zukunft. Doch darf man gespannt sein, wie dem Umstand Rechnung getragen wird, dass die Langlebigkeit in den Generationentafeln bzw. den Reservierungen bei Periodentafeln nach neuesten Erkenntnissen eher über schätzt wurde.
Dezidiert gegen den Rentenzuschlag
Claude Chatelain hat für die Schweizer Personalvorsorge CVP-Nationalrätin Ruth Humbel, Präsidentin der SGK-N, zur BVG Reform 21 befragt. Zu erkennen ist, dass die CVP beim Neuanlauf zu einer BVG-Reform eher auf der bürgerlichen Seite als auf jener der Linken zu finden sein wird. Und offenbar wird auch, dass sie einige Sympathien für das Modell des ASIP hat.
Der von den Gewerkschaften und dem Arbeitgeberverband vorgeschlagene Rentenzuschlag war für SVP und FDP von Anfang an keine Option. Sie jedoch zauderten.
Wenn man sich bei jedem Vorschlag sofort im Schützengraben verschanzt, findet man nie eine Lösung. Man muss einem Vorschlag etwas Raum geben, um ihn einordnen zu können. Ich bin immer davon ausgegangen, dass, wenn der Bundesrat den Sozialpartnern einen Auftrag erteilt und sie ihn auch erfüllen, man den zuerst anschauen muss.
Mittlerweile sind aber auch Sie dezidiert gegen diesen Rentenzuschlag, oder?
Ja, weil ich nicht weiss, welche Arbeitgeber wirklich hinter dem Vorschlag stehen. Vom Detailhandel über Gastro bis zur Pharma haben sich inzwischen einige dagegen ausgesprochen. Das zeigt, dass der Vorschlag nicht mehrheitsfähig ist, weil der Umverteilungsmechanismus in der 2. Säule systemfremd ist.
Der Vorschlag des Gewerbeverbands entspricht in etwa dem, was in der Altersvorsorge 2020 vorgesehen und mehrheitlich unbestritten war. Warum nicht diesen übernehmen, statt das Ganze neu erfinden zu wollen?
Ich favorisiere das Modell des ASIP. Ich war schon bei der Altersvorsorge 2020 für eine dezentrale Lösung. Im BVG muss jede Vorsorgeeinrichtung Rückstellungen bilden. Wenn man weiterhin mit einem Umwandlungssatz von 6.8 Prozent kalkuliert, muss man auch weiterhin 6.8 Prozent finanzieren müssen. Senkt man den Satz auf 6 Prozent, braucht es Vorgaben, wie lange die die Übergangsgenerationen zu unterstürzen sind. Die einzelnen Vorsorgeeinrichtungen müssten das stemmen können.
Kritik an den Plänen der RAB
Patrick Schaller, Partner EY, geht in der Schweizer Personalvorsorge 08-20 auf Pläne der Revisionsaufsichtsbehörde ein, die Revisionsstellen der Vorsorgeeinrichtungen zu beaufsichtigen, wie sie es auch bei Banken und Versicherungen praktiziert.
Eine undifferenzierte und einseitig auf die Prüfer ausgerichtete Regulierung wird vom
Berufsstand jedoch kritisch beurteilt. Schaller skizziert als Alternative dazu Wege zu einer Verbesserung des Revisionsgeschehens. Dabei kommt auch die Weisung 03/16 der OAK zur Sprache, welche nach der Feststellung formeller Mängel in den Revisionsberichten erlassen wurde.
Dieser Zwischenbefund hat die OAK BV veranlasst, die Anforderungen an Weiterbildung und Praxiserfahrung des leitenden BVG-Prüfers zu erhöhen. Es folgte die Weisung 03/2016 «Qualitätssicherung in der Revision nach BVG», die nach einer Übergangsfrist seit dem Kalenderjahr 2019 erstmals eingehalten werden muss. Danach muss der leitende Prüfer mindestens 50 verrechenbare Prüfstunden sowie mindestens vier Stunden dedizierte Fachausbildung pro Kalenderjahr nachweisen können. Die verschärften Anforderungen haben dazu geführt, dass sich rund die Hälfte der circa 400 BVG-Prüfer in der Schweiz aus dem Markt zurückgezogen hat, was nicht weiter überrascht. (…)
Ein Mittel gegen Pensionierungsverluste
Hans-Ulrich Stauffer, vielleicht wie kein anderer vertraut mit den Bundesgerichtsentscheiden zur 2. Säule, verweist in einem Beitrag der Schweizer Personalvorsorge 07-20 auf einen Entscheid aus dem Jahre 2002, der einen Weg öffnet, Pensionierungsverluste zu vermeiden und den in innovativer Weise die Auffangeinrichtung umsetzt. Er schreibt:
Die Erwägungen des Bundesgerichts sind besonders heute von allergrösster Bedeutung und nach wie vor lesenswert. Es stellte fest, dass das Bundesamt und die Rekurskommission zu Unrecht davon ausgegangen seien, der BVG-Mindestzinssatz und der BVG-Umwandlungssatz könnten im obligatorischen Bereich grundsätzlich und systeminhärent nicht mit zusätzlichen Leistungen der Versicherungsnehmer gedeckt werden. (…)
Da im obligatorischen Bereich die gesetzlich vorgeschriebenen Leistungen nicht reduziert werden dürfen, käme – nach Erschöpfung der Reserven – zur Behebung von Unterdeckungen praktisch nur die Erschliessung zusätzlicher Einnahmen in Betracht. Die Höhe der Beiträge sei nicht direkt im Gesetz geregelt, sondern werde von den Vorsorgeeinrichtungen grundsätzlich frei festgelegt.
Die Gesamteinnahmen (das heisst im Wesentlichen die Beiträge und die Kapitalerträge) müssten aber ausreichen, um die Verbindlichkeiten decken zu können. Je höher die Kapitalerträge seien, desto tiefer dürften die Beiträge sein. Dasselbe gelte auch umgekehrt: Gingen die Kapitalerträge zurück, müssten allenfalls – nach Erschöpfung der Reserven – die Beiträge erhöht werden, um gleichbleibende Einnahmen zu erreichen. (…)
Mindestzins – nominell und real
Die aktuelle Mindestverzinsung von 1 Prozent ist der tiefste je verordnete Zinssatz und scheinbar entsprechend unerfreulich für die Versicherten. Real sieht es jedoch anders aus, wie die “Grafik des Monats” der Schweizer Personalvorsorge 07-20 zeigt. Es gab schon schlimmere Jahre.
BVG-Reform: Die Kosten der Leistungspläne
Die NZZ hat am 6. September die Kosten des Kompromiss-Vorschlags der Sozialpartner auf Basis der Zahlen von c-alm vorgerechnet und den Begriff der “Luxus-Reform” ins Spiel gebracht. Das hat auf Arbeitgeberseite zu einer heftigen Reaktion geführt. Der Kompromiss werde schlecht geredet, wurde kritisiert. Jetzt haben Roger Baumann und Silvan Gamper von c-alm ihre Analyse offengelegt und die Daten aller drei vorliegenden Modelle – Sozialpartner, Gewerbeverband, ASIP – ohne weitere Wertung verglichen. Der Artikel erschien in der Schweizer Personalvorsorge 9-19. Das Ergebnis: Kosten Kompromiss: 3,2 Mrd., Kosten ASIP: 2,1 Mrd., Kosten sgv: 1,3 Mrd.
Artikel Baumann, Gamper / Artikel NZZ
Übersicht BVG-Revision
Prudent Investor oder Katalog mit Ausnahmen?
In der Schweizer Personalvorsorge 5/19 streiten sich Hanspeter Konrad (Direktor ASIP) und Christian Dreyer (Geschäftsführer CFA Switzerland) über Sinn und Zweckmässigkeit der Anlagerichtlinien gemäss BVV2 mit Kategorienbegrenzungen. Dreyer will sie durch eine generelle Prudent Investor-Regelung ersetzen, Konrad hält dagegen. Auszüge:
Können Sie skizzieren, was den Kern einer unverwässerten Prudent Investor Rule aus macht?
Dreyer: Man hat keinerlei Beschränkung der Anlagetätigkeit in Bezug auf irgendwelche Anlagevehikel. Selbstverständlich heisst dies in der Logik auch, dass irgendwelche Prozentquoten sowieso von Übel sind. Die Prudent Investor Rule beinhaltet ein starkes Prozessdenken. Angesichts der fundamentalen Unsicherheit der Kapitalmärkte kann niemand im Voraus wissen, was die richtigen Anlagevehikel sind. Aber man kann wissen, wie man sich am besten auf stellen sollte, um die Anlageziele erreichen zu können – dies mittels unternehmerischer Risikonahme und im Verständnis der Charakteristika der verschiedenen Assetklassen, also der Risiken und Renditen. Dazu gibt es akzeptierte Best Practices.
Eine absolute Offenheit des Anlageuniversums mit Fokus auf das Prozessdenken. Das klingt sehr anders, als das, was in der Schweiz verwurzelt ist.
Konrad: Wirklich? Ich glaube, bei genauer Betrachtung nicht. Unser Konzept mit BVG Art. 71 und den entsprechenden Verordnungsbestimmungen kommt dem Grundgedanken der Prudent Investor Rule doch relativ nahe. So ist darin beispielsweise die notwendige Abwägung bezüglich des Zielkonflikts zwischen Risiko und Rendite klar umrissen. Das traditionelle Diversifikationsgebot ist im Kern ebenfalls enthalten.
Und die Anlagelimiten?
Konrad: Natürlich, es gibt den Anlagekatalog mit den Prozentzahlen. Aber dank des Erweiterungsartikels besteht die Freiheit, die vorhandenen Anlageformen zu nutzen und die Limiten zu über schreiten, wenn man dies fachmännisch begründet. Vor diesem Hintergrund bin ich mir nicht sicher, ob die Diskussion um die Abschaffung der Quoten nicht ein Streit um des Kaisers Bart ist.
Sie hören es, Herr Dreyer. Die Schweiz ist gar nicht so weit weg von der Prudent Investor Rule.
Dreyer: Das ist immer die Reaktion aus der Schweizer Perspektive. Der Punkt ist grundlegend: Die Schweizer Regulierung ist hinreichend kompliziert, dass man immer wieder Möglichkeiten findet, um Teile der Prudent Investor Rule darin abzubilden. Aber dem Sinn und Geist der Prudent Investor Norm wider sprechen die BW2, solange ein Erweiterungsartikel bemüht werden muss.
Courtagen ja oder nein, das ist die Frage
Die Schweizer Personalvorsorge hat in vier Kurzinterviews Meinungen zum Thema Courtagen für Broker gesammelt. Auszüge:
Eine Transparenzpflicht löst die Problematik nicht, dass der Vermittler seinem Kunden nur diejenigen Angebote zur Auswahl unterbreitet, die auch für ihn selber attraktiv sind. Ein radikalerer Lösungsweg wäre, gesetzlich vorzuschreiben, dass Broker nur vom Kunden, sprich dem Arbeitgeber, entschädigt werden dürfen. Allfällige weitere Entschädigungen müssen dem Kunden gutgeschrieben werden. Ein guter Weg?
Sergio Bortolin, Präsident inter-pension
Bereits heute sind Kunden und Broker frei in der Entscheidung, wie die Entschädigung geregelt werden soll. Wie erwähnt, bevorzugen eine deutliche Mehrheit von KMU-Entscheidungsträgern das Courtagen-Modell gegenüber dem Honorar-Modell. Diese KMU, von denen 90 Prozent lediglich maximal zehn Versicherte zählen, würden bei einem Courtagenverbot nicht mehr von der Betreuung der Broker profitieren. Die Anbieter müssten entsprechende Kapazitäten für die Direktbetreuung zur Verfügung stellen. Inwiefern also die bestehende Wahlfreiheit eingeschränkt werden soll, muss letztlich in einem übergeordneten Kontext beurteilt werden.
Markus Lehmann, Präsident Broker-Verband
Ein gut gemeinter Weg – aber falsch, denn genau dies würde dazu führen, dass die Arbeitgeber alleine den Anbieter der beruflichen Vorsorge bestimmen. Anzumerken ist, dass es die PVK zum Abschluss wie auch zur Kündigung eines Anschlussvertrags braucht. «Wer zahlt, befiehlt» ist hier nicht im Sinne der Angestellten. Eine Gutschrift der Courtagen müsste zwingend den Destinatären zukommen, und eine solche Kontrolle bei den Arbeitgebern durchzuführen gestaltet sich schwer. Zudem verursacht dies wieder zusätzliche Kosten, was nicht zielführend ist.
Thomas Helbling, Direktor Versicherungsverband
Der Versicherungsverband setzt sich da für ein, dass der Kunde das ihm zusagende Entschädigungsmodell wählen kann. Ein Verbot des Courtagen-Modells würde diese Wahlfreiheit verunmöglichen und damit den Kundeninteressen zuwiderlaufen. Dahingehend haben sich auch die von Ihrer Fachzeitschrift in der letztjährigen Sonderausgabe «Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen 2018» befragten Broker geäussert. Demnach bevorzugen KMU-Kunden mehrheitlich das Courtagen- Modell – notabene in Kenntnis der Höhe der Courtage.
Urban Hodel, Geschäftsführer PK-Netz
Wieso sollen weitere Entschädigungen fliessen? Die Pensionskassen sollen den Wettbewerb nach dem Angebot (Leistung, Kosten, Kultur, Tradition, spezielle Angebote und so weiter) führen, nicht über Zahlungen. Ja, ein Systemwechsel ist unausweichlich. Mit erheblichen Vorteilen für die Betriebe, die versicherten Arbeitnehmenden und auch die Pensionskassen. Es sind ja die Geschäftsführer unzähliger Vorsorgeeinrichtungen, die auf uns zugekommen sind und gesagt haben: «So kann es nicht mehr weitergehen.» Es muss endlich etwas passieren.