Felix Gutzwiller hat in einem Postulat die Prüfung einer dezentralen Abfederung der Auswirkungen einer Senkung des Umwandlungssatzes gefordert. Gutzwiller will damit Alternativen zur Pool-Lösung schaffen, wie sie offenbar dem Bundesrat vorschwebt. P.Rechsteiner hält davon nichts und erwartete nur Nachteile für Versicherte in schwachen Kassen. BR Berset glaubt ebenfalls, dass eine solche Lösung nicht für alle Kassen gangbar wäre. Das Postulat wurde mit 27:8 Stimmen angenommen.
Umwandlungssatz
Blick: “Milliarden-Rettung auf dem Buckel der Steuerzahler”
Im Sonntagsblick thematisieren Matthias Pfander und Werner Vontobel das Thema der Sanierungen der öffentlichen Kassen, die stets mit dem Einsatz erheblichen Steuermittel erfolgen. Im Detail wird auf die Aargauer APK eingegangen. “Beispiel Aargau. Die Rechnung für die kantonale Pensionskasse sieht so aus: 1,7 Milliarden Steuerzahler-Franken kostet die Nachfinanzierung, 446 Millionen die Entschädigung der Versicherten für die Umstellung auf den Beitragsprimat. 153 Millionen verschlingt die Teuerungszulage für die laufenden Renten. Das gibt 2,3 Milliarden Franken – doch damit sind bestenfalls die Altlasten gedeckt. Solange die APK weiter zu hohe Renten zahlt, häuft sie jährlich weitere Verluste von 40 bis 50 Millionen auf. Wie manche andere öffentlich-rechtliche Kasse zahlt die aargauische APK pro 100’000 Franken Sparkapital immer noch 6800 Franken Jahresrente. Um diesen Umwandlungssatz und die daraus folgenden Renten bei der aktuellen Lebenserwartung finanzieren zu können, bräuchte es eine Anlagerendite von 4,8 Prozent. Doch dies gibt der Markt nicht her.
Der Aargauische Gewerbeverband und die kantonale Industrie- und Handelskammer wollen das nicht hinnehmen. Gemeinsam mit der Stiftung für Freiheit und Verantwortung rufen sie zur Opposition auf. Sie fordern, dass der Umwandlungssatz per sofort auf 5,5 Prozent gesenkt wird. Das entspricht einer Rentensenkung um 19 Prozent. Doch selbst für die gekürzten Renten braucht es noch eine Kapitalrendite von 2,5 Prozent. Ferner sollen die Staatsangestellten künftig 50 statt bloss 40 Prozent ihrer Pensionskassenbeiträge selbst finanzieren. Jetzt gibt es Unterstützung vom Schweizerischen Gewerbeverband (SGV): «Die Renten der Gewerbler sind bereits massiv gekürzt worden. Wenn wir jetzt als Steuerzahler auch noch die Renten der ohnehin privilegierten Staatsbeamten bezahlen müssen, ist das eine Doppelstrafe. Das wollen wir nicht hinnehmen », sagt Kurt Gfeller, der
beim SGV für die Sozialversicherungen zuständig ist.
pw. Man nimmt zur Kenntnis, dass beim Blick offenbar unterschiedliche Visionen verfolgt werden. Während die Reaktion sonst strikt auf Gewerkschaftskurs fährt und als Erfinderin des “Rentenklaus” gegen die Senkung des Umwandlungssatzes polemisiert, kann man sich gleichzeitig auch über die Kosten eines zu hohen Umwandlungssatzes aufregen. So gibt es aus jeder Sicht stets neu Gelegenheit für Empörung.
“Kein Stimmrecht, aber sichere Renten”
Hans Werner Widrig, Präsident des SVS (sowie des Vorsorgeforums), hat der Schweizer Personalvorsorge ein Interview gegeben. Auszüge:
VPS: Welche Hauptanliegen vertritt der SVS im Bereich der Altersvorsorge?
Widrig: Wir fordern Verlässlichkeit. Die Renten müssen sicher sein bis zum Lebensende. Die 2. Säule darf im Verhältnis zur 1. Säule nicht geschwächt werden.
Wieso nicht?
Beide Säulen sind gut, beide haben Vorteile. Sie sind ganz anders organisiert und ergänzen sich. Deshalb sollen sie gleich stark bleiben. Hat der SVS weitere Anliegen? Bereits heute arbeiten etwa 30 Prozent der Senioren zwischen 65 und 70 Jahren teilzeitlich lohnwirksam weiter. Es ist störend, dass die über 65-jährigen Beschäftigten weiterhin AHV bezahlen, ohne dass dies leistungswirksam wäre. Ich begrüsse deshalb die vom Bundesrat im Rahmen der «Altersvorsorge 2020» vorgeschlagenen Anreize zur Weiterführung der Erwerbstätigkeit bis zum Referenzalter und darüber hinaus.
Wie hoch sollte das Rentenalter sein?
Die Harmonisierung des Rentenalters für Männer und Frauen bei 65 Jahren muss rasch umgesetzt werden. Es wird der Zeit punkt kommen, wo über 50 Prozent der Menschen zwischen 65 und 70 Jahren freiwillig lohnwirksam weiterarbeiten. Dann sollte das Rentenalter (Referenz alter) auf 66 oder 67 Jahre erhöht werden.
Wie lange werden Sie selber arbeiten?
Ich bin heute 72-jährig und präsidiere zwei schweizerische Verbände in einer ehrenamtlichen Tätigkeit. Daneben arbeite ich mit einem 40-Prozent-Teilzeitpensum lohnwirksam in einem Unternehmen. Es braucht beides: Freiwilligenarbeit und Teilzeitbeschäftigung.
Der SVS ist für eine rasche Senkung des Mindestumwandlungssatzes. Wie soll dies umgesetzt werden?
Wir haben bereits bei der 1. BVG-Revision und im März 2012 in der Vernehmlassung Zukunft 2. Säule darauf hingewiesen, dass die Senkung des Umwandlungssatzes in die Kompetenz des Bundesrats gehört, da es sich um eine technische Frage handelt. Wir fordern einen raschen Parlamentsbeschluss für die Kompetenzverlagerung auf Verordnungsebene. Als flankierende Massnahmen für eine Senkung können die Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge erhöht werden.
BSV Ausschreibung: Umverteilungseffekte in der BV
Das BSV hat erneut eine Ausschreibung publiziert. Sie betrifft dieses Mal die viel diskutierten und leider im Detail wenig bekannten Umverteilungseffekte. In der Auseinandersetzung um den Umwandlungssatz spielen sie bekanntlich eine äusserst wichtige Rolle. Es ist deshalb zu begrüssen, wenn das BSV versucht, vermehrte Transparenz zu schaffen. Die ausgeschriebene Machbarkeitsstudie sieht vor, anhand konkreter Fälle verschiedene Formen des Transfers zwischen Arbeitnehmenden/Arbeitgebern und Pensionierten zu identifizieren sowie Methoden zur Schätzung entsprechender finanzielle Volumen aufzuzeigen. Die Eingabefrist für die Offerten ist der 26. August 2013.
BSV Ausschreibung / Ausschreibung Renditeerwartungen
Genossen und Genossen
In einer Glosse nimmt René Zeller, stv. Chefredaktor der NZZ, das Gerangel zwischen “Genosse Sozialminister” und “Genosse Gewerkschafter” aufs Korn. Der SGB will am 21. September in Bern gegen den grössten Rentenklau aller Zeiten – so Genosse Rechsteiner – demonstrieren, den ausgerechnet Genosse Berset ausgeheckt hat. Huch, ist das spannend, freut sich Zeller.
BSV: Forschungsprojekt zu Renditeerwartungen
Das BSV schreibt einen Forschungsauftrag aus, welcher das Ziel verfolgt, eine “realistische Bandbreite für Anlageerträge zu definieren, die bei den Diskussionen zur Höhe des gesetzlichen Mindestumwandlungssatzes in der beruflichen Vorsorge als tragfähige Richtwerte dienen können”. Im Rahmen des Mandats sollen verschiedene Szenarien entwickelt und deren Konsequenzen auf das finanzielle Gleichgewicht der Vorsorgeeinrichtungen gemäss geltendem Recht berechnet werden. Zudem sind Massnahmen aufzuzeigen, die notwendig sind, um dieses Gleichgewicht zu halten oder dauerhaft wieder herzustellen. Die Eingabefrist für die Offerten ist am 6. September 2013.
p.w. Das BSV gibt damit einer Forderung nach, die verschiedentlich vom Gewerkschaftsbund und insbesondere ihrem Ökonomen, Daniel Lampart, geäussert wurde. Die angestrebten Ziele sind hoch und wenig realistisch. Und an die Studienergebnisse werden auch nur jene glauben, denen sie in den Kram passen.
Lampart: Zinsperspektiven und UWS
Auf seinem Blog glaubt Daniel Lampart, Ökonom des SGB, aufzeigen zu können, dass ein Umwandlungssatz von 6% wie vom Bundesrat in der AV2020 vorgeschlagen, keine Berechtigung hat. Dabei geht er aus vom Finanzplan des Bundesrates, wo mit Zinsen auf den 10jährigen Obligationen von 3,5% gerechnet wird. Die aktuelle Realität sieht anders aus. Und Lampart verschweigt, dass die PKs reihenweise heute schon Sätze um 6% anwenden und das mit Zustimmung der AN-Vertreter und der vertretenen Gewerkschaftsmitglieder. Zu verweisen wäre pro memoria noch auf die Tatsache, dass es sich um einen Mindestsatz handelt.
SonntagsBlick: “So will Berset unsere Rente umbauen”
Nach 100 Tagen im Amt kündigte Bundesrat Alain Berset (41) an, er werde eine Gesamtschau der beiden wichtigsten Pfeiler der Altersvorsorge vornehmen – der AHV und der Pensionskasse. Seine Absicht, so der Sozialminister im März 2012: Vorschläge für eine Reform des Rentensystems vorzulegen.
Heute – 15 Monate später – sind die Ideen des Innenministers spruchreif. Kürzlich schickte er sie in die sogenannte Ämterkonsultation seiner Bundesratskollegen. Das Papier mit dem Namen «Lignes directrices de la réforme de la prévoyance vieillesse 2020» (Richtschnur für die Reform der Altersvorsorge 2020) liegt SonntagsBlick exklusiv vor. Wahrscheinlich schon am Freitag – sicher aber vor den Sommerferien – diskutiert und entscheidet der Bundesrat über das Berset-Projekt.
Es ist eine Monster-Reform, meint der SonntagsBlick, die grossen sozialpolitischen Sprengstoff birgt. Ausgerechnet der Sozialdemokrat Berset will einschneidende Sparmassnahmen bei AHV und Pensionskasse durchsetzen. Damit will er die langfristige Finanzierung der beiden Sozialversicherungen sicherstellen. Hier die wichtigsten Änderungen im Einzelnen:
Umwandlungssatz 6 %: Der Rentenumwandlungssatz wird von heute 6,8 auf 6,0 Prozent reduziert.
Frauen: Rente ab 65: Setzt sich Berset durch, bekommen Frauen künftig erst mit 65 Jahren eine AHV- und Pensionskassenrente – statt wie heute mit 64. Der Anstieg erfolgt aber nicht auf einen Schlag, sondern nach einer Übergangsfrist.
Pensionsalter: 62 bis 70: Im Unterschied zu anderen Ländern soll das Rentenalter nicht generell erhöht, dafür aber flexibler gestaltet werden. Pensionieren lassen soll man sich künftig zwischen 62 und 70 Jahren; das Referenzalter bleibt bei 65.
2 % Mehrwertsteuer: Heute schiesst Bern rund 20 Prozent der AHV-Einnahmen aus der allgemeinen Bundeskasse ein. 2012 summierte sich das auf 7,6 Milliarden Franken. Berset will den fixen Sockel neu auf zehn Prozent beschränken. Der Rest soll aus der Mehrwertsteuer bestritten werden, die der Sozialminister ab 2019 um ein Prozent erhöhen möchte, 2027 nochmals um ein weiteres Prozent. Die Massnahme soll im Jahr 2030 sieben Milliarden extra in die AHV-Kassen spülen – so haben es Bersets Spezialisten berechnet.
“Die Politik spielt auf Zeit”
Die SonntagsZeitung bringt das Elend der linken Politstrategen auf den Punkt, welche mit ihrer Verzögerungstaktik Politik auf Kosten der Jungen betreiben. Die Zeitung schreibt: Eine gesamtheitliche Revision der 1. und 2. Säule soll nun die längst überfällige Anpassung der versicherungstechnischen Parameter herbeiführen. Doch während Bundesrat Alain Berset zusammen mit dem Bundesamt für Sozialversicherung am Konzept BVG 2020 feilt, suchen die Vorsorgeeinrichtungen bereits nach eigenen Lösungen. Die Hoffnung, die Politik werde endlich die nötigen Massnahmen einleiten, haben sie schon längst aufgegeben.
Werner Hertzog, Direktor beim Beratungsunternehmen Aon Hewitt, sagt: «Die Probleme und deren Lösungen sind in Bundesbern längst bekannt. Dennoch hat die Politik in den letzten zwölf Jahren nichts erreicht.» Für ihn ist klar: Die Politik hat auf Zeit gespielt. Die Leidtragenden sind die Jungen. Denn sie werden immer stärker zur Kasse gebeten. «Der Gürtel muss enger geschnallt werden»
Dabei werden die Jungen laut Hertzog gleich dreifach zur Kasse gebeten und um ihre Rente gebracht: durch die tiefere Verzinsung der Guthaben, die Beteiligung an möglichen Sanierungsmassnahme der Kassen und schliesslich durch die Senkung des Umwandlungssatzes. «Ich weiss nicht, wie lange sich die Erwerbstätigen das noch gefallen lassen», sagt er.
Der Beitrag ist auf mit-uns-für-uns nachzulesen.
NZZ: “Die Knacknuss von Alain Bersets Rentenreform”
In der NZZ beschäftigt sich Simon Gemperli mit dem Thema Umwandlungssatz und der neuen Studie von Avenir Suisse. Gemperli schreibt: “Sozialminister Alain Berset will dem Bundesrat noch vor der Sommerpause die Eckwerte einer ambitionierten Reform der Altersvorsorge vorlegen: die Konsolidierung der AHV, kombiniert mit einer Justierung der Versicherungsmathematik in der zweiten Säule. Im zweiten Fall steht der Mindestumwandlungssatz im Zentrum. Die Notwendigkeit einer Senkung des Satzes, mit dem aus dem Altersguthaben die Rente berechnet wird, anerkennt drei Jahre nach der Abstimmung von 2010 auch ein grosser Teil der Linken.
In den «Leitlinien» für die «Altersvorsorge 2020» führt der Bundesrat zwei Möglichkeiten an, um Verluste für die Übergangsgeneration zu kompensieren: eine Erhöhung der AHV-Rente oder Zuschussleistungen aus dem BVG-Sicherheitsfonds. Der Kreis der Bezüger würde sich auf Versicherte von Vorsorgeeinrichtungen beschränken, die nur das BVG-Minimum anbieten (für überobligatorische Leistungen gilt der Mindestumwandlungssatz nicht). Auch in der Sozialkommission des Nationalrats wurde kürzlich über die Option Sicherheitsfonds diskutiert, im Zusammenhang mit einer parlamentarischen Initiative von Toni Bortoluzzi (svp., Zürich). Sie basiert auf einem Vorschlag des Pensionskassenspezialisten Olivier Deprez und des Gewerkschafters Jorge Serra und sieht ein Leistungsziel von 60 Prozent des letzten Lohnes vor. Die Idee ist, die Anpassung des Umwandlungssatzes dank den Kompensationen innerhalb der beruflichen Vorsorge rasch vollziehen zu können. Dies muss kein Widerspruch zu Bersets umfassender Reform sein, wenn die Vorlage etappenweise in Kraft gesetzt wird.
Eine weitere Variante bringt nun Avenir Suisse in die Diskussion ein. Die Denkfabrik der Wirtschaft möchte die Kassen gesetzlich verpflichten, das Leistungsniveau für etwa zehn Übergangsjahrgänge zu erhalten, dies aber mit dezentralen Massnahmen der Vorsorgeeinrichtungen. Konkret wären das ein Rückgriff auf entsprechende technische Reserven, eine Einmaleinlage durch einen finanzstarken Arbeitgeber oder Solidaritätsbeiträge aller Versicherten einer betroffenen Kasse zugunsten der älteren Mitarbeiter.
Die Kosten belaufen sich je nach Absenkung des Satzes bei allen Modellen auf etwa 50 bis 150 Millionen pro Jahr, und dies während zehn Jahren. Avenir Suisse bezeichnet es als systemwidrig, wenn die AHV herangezogen wird, um ein ureigenes Problem der zweiten Säule beziehungsweise gewisser Kassen zu lösen. Ein Vorteil der AHV-Lösung bestünde darin, dass ein grösserer Teil des (Stimm-)Volks und insbesondere auch die Rentner der Übergangsgeneration unter die Arme greifen würden.”
NZZ / Unia/Wechsler-Modell / Parl. Initiative Bortoluzzi / Deprez/Serra-Modell
Avenir Suisse: Schiefe 2. Säule
Avenir Suisse beschäftigt sich in einer neuen Studie erneut mit der beruflichen Vorsorge und speziell mit dem Umwandlungssatz. Jérôme Cosandey schreibt dazu auf der Website: “Die derzeitigen Mindestumwandlungssätze in der beruflichen Vorsorge reflektieren die Realität nicht mehr. Dadurch werden Milliarden umverteilt. Verlierer sind die jungen Erwerbstätigen, die zu wenig Zins auf ihre Sparguthaben erhalten. Das ist wahrer Rentenklau.”
Doch die Senkung auf realistische Niveaus ist teuer, falls die Renten nicht gesenkt werden sollen. Cossanday präsentiert Lösungen für das Problem. “Für die Probleme dieser Übergangsgeneration gibt es bewährte, in der Praxis erprobte Lösungen. Es braucht keine zentralistischen, bürokratischen Experimente wie einen Ausgleich über die AHV oder einen Kompensationspool wie den Sicherheitsfonds. Diese gefährden die Risikodiversifikation des Dreisäulenkonzepts, machen die bisherigen Anstrengungen verantwortungsvoller Pensionskassen zunichte und setzen Fehlanreize.
Dezentrale, von den Sozialpartnern definierte Lösungen sind überlegen. Sie berücksichtigen die individuelle Situation der Vorsorgeeinrichtungen und ihrer Versicherten. Dadurch wird auch die Verantwortung der Stiftungsräte und die Stabilität des Systems nachhaltig gestärkt.
Letztlich braucht die berufliche Vorsorge mehr Flexibilität. Zur Lösung der Probleme plädiert Avenir Suisse für eine Senkung des Umwandlungssatzes, in der Praxis erprobte Sonderregeln für die Übergangsgeneration und eine stärkere Dezentralisierung der Entscheidungen und der Verantwortung, vor allem eine dezentrale Festlegung des Mindestumwandlungssatzes durch die Pensionskassen.”
Jürg Brechbühl zu variablen Renten
Jürg Brechbühl, Direktor des BSV, äussert sich in einem Blick-Interview zur Diskussion um variable Renten, wie sie derzeit bei den SBB geprüft werden, sowie zu weiteren Fragen rund um das BVG. Auszüge:
BLICK: Was halten Sie vom Rentenmodell, wie es die SBB diskutieren?
Jürg Brechbühl: Kommentieren will ich das nicht. Wichtig ist, dass sich die Pensionskasse Gedanken macht, wie sie sich auf eine solide finanzielle Grundlage stellt. Es ist Sache des Stiftungsrats zu entscheiden, ob das diskutierte Modell dem Vertrauen der Versicherten in die Pensionskasse förderlich ist.
Sie drücken sich um eine konkrete Antwort. Nochmals: Was halten Sie vom SBB-Modell?
Unser Bundesamt ist für das BVG-Obligatorium zuständig. In diesem Bereich ist dieses Modell sicher kein gangbarer Weg. Denn es hat einen grossen Nachteil: Die Rentner haben weniger Sicherheit. Doch das Vertrauen in die Rente ist für die Pensionierten ganz entscheidend.
Und für das Überobligatorium gilt dieser Grundsatz nicht?
Doch. Die Sicherheit ist zentral! Daran muss jeder Stiftungsrat denken, bevor er einen solchen Entscheid fällt. Es kommt aber auch sehr auf die einzelne Kasse an. Bei einer Kasse mit sehr guten Leistungen ist ein solches Modell eher denkbar.
Was passiert, wenn die SBB-Lösung scheitert?
Dann werden die SBB wohl den Umwandlungssatz senken, wie sie bereits angedeutet haben.
Also genau die Lösung, die Sie und SP-Bundesrat Alain Berset beim BVG-Obligatorium in der geplanten Altersvorsorge-Reform anstreben.
Um eine Senkung des Umwandlungssatzes kommen wir tatsächlich nicht herum. Davon bin ich felsenfest überzeugt. Eine Senkung ist schlicht notwendig, weil sich sowohl die Lebenserwartung wie auch die Zinserwartung verändert haben. Damit die Pensionskassen den heute geltenden Umwandlungssatz von 6,8 Prozent finanzieren könnten, müssten sie pro Jahr im Schnitt 4,5 bis 5 Prozent Rendite erzielen. Das gab es in den letzten zehn Jahren nicht.
Konrad: “Es dauert zu lange”
Hanspeter Konrad, Direktor des ASIP, begrüsst zwar grundsätzlich die Vorschläge des Bundesrates für die Vorsorge 2020, aber es geht im alles zu wenig schnell. “Aus der Optik der Pensionskassen sind die Reformvorschläge des Bundesrates grundsätzlich zu begrüssen: Die Stossrichtung stimmt, und es werden die richtigen Themen behandelt – doch der Gesetzgebungs-prozess dauert insgesamt zu lange. So würde eine raschere Senkung des Mindestumwandlungssatzes den Pensionskassen die notwendige Flexibilität zurückgeben, um mit der Bildung von Rückstellungen richtig auf die Herausforderungen durch die steigende Lebenserwartung und die volatile jährliche Performance reagieren zu können”, schreibt Konrad in Stocks.
FuW: Die Vermeidung des zu hohen Umwandlungssatzes
Thomas Hengartner schreibt in der Finanz und Wirtschaft über die Tatsache, dass die Kassen trotz der gesetzlichen Festlegung des Umwandlungssatzes gemäss Abstimmungsergebnis 2010 die Kassen laufend ihre individuellen Sätze auf weit tiefere Niveaus absenken. Erwähnt werden u.a. Coop und Publica.
NZZ: Schluss mit Flickwerk
In der NZZ kommentiert Redaktor Werner Enz die Ergebnisse der St. Galler-Studie zur Umverteilung zischen den Generationen, welche auf 110 Mrd. Franken bis 2013 veranschlagt werden: “ Prof. Eling (dürfte) mit seiner Schätzung zu hoch liegen. In der Praxis nehmen umhüllende Pensionskassen, also solche mit Überobligatorium, einen Ausgleich vor, um den übersetzten BVG-Rentenumwandlungssatz (von 6,8%) zu relativieren. Die SBB etwa setzen dort 5,8% ein. De facto bilden professionell geführte Pensionskassen seit Jahren Reserven, um die absehbare Senkung des technischen Zinses und des Rentenumwandlungssatzes vorzufinanzieren. Weiter wird bei gesprochenen Renten grösste Zurückhaltung an den Tag gelegt, wenn es um einen Inflationsausgleich geht; dies durchaus im Bewusstsein, dass faktisch eher zu hohe Leistungen ausbezahlt werden. Last, but not least bringt die steigende Arbeitsproduktivität (was zu höheren Löhnen und BVG-Beiträgen führt) ein Mehr an Flexibilität, um die tatsächlich gravierende Umverteilung von Jung zu Alt zu entschärfen.”