imageAldo Ferrari, Unia-Gewerkschafter, übt in einem offenen Brief heftige Kritik am Pensionskassenverband und dessen Haltung zur BVG-Reform. Er schreibt:

Es ist wohl untertrieben zu sagen, dass die Arbeitnehmervertretenden in den Organen der Pensionskassen überrascht waren, ihren Dachverband auf der Website der Befürworter der BVGReform – Seite an Seite mit politischen Parteien und Arbeitgeberverbänden – vorzufinden. Und dies im Hinblick auf ein Referendum, über das im Herbst das Stimmvolk befinden wird.

Der Anstand oder zumindest die intellektuelle Aufrichtigkeit hätte verlangt, dass Sie zu dem Zeitpunkt, zu dem das Stimmvolk aufgerufen ist, sich zur Vorlage zu äussern, gebührende Zurückhaltung walten lassen – wenn schon nicht aus Respekt vor der Parität von Arbeitgebern und Arbeitnehmenden in den Organen der Institutionen, die Sie vertreten sollen, so doch zumindest aus Respekt vor den demokratischen Rechten.

Die paritätische Verwaltung der beruflichen Vorsorge sollte Ausdruck der Sozialpartnerschaft sein.
Indem Sie hinsichtlich dieser Abstimmung offenkundig Partei ergriffen haben, zeigen Sie, wie wenig
Sie davon halten. Mit Ihrer Haltung schaden Sie dem System der Altersvorsorge und bestärken Sie
nur diejenigen, die zunehmend an der zweiten Säule zweifeln. Ein Beweis dafür ist, dass bei der
Pensionierung immer häufiger das Kapital statt einer Rente bezogen wird.

Wir wollen in diesem offenen Brief nicht über den Sinn der Reform diskutieren, um nicht dasselbe
zu tun, was wir Ihnen vorwerfen. Wir erinnern Sie bloss daran, dass die Arbeitnehmenden, die in
den Stiftungsräten sitzen, wie auch die Gewerkschaftsorganisationen, die ihre Vertreter:innen
dorthin delegieren, sich niemals erlaubt hätten, Sie um Unterstützung für das Referendum zu bitten.
Sie hätten uns dann zweifellos die gleichen Argumente entgegnet, die wir mit diesem Brief
vorbringen – und Sie hätten recht gehabt.

Es wäre ebenso unangemessen zu sagen, dass Sie dem Betrag, den Sie von den Versicherten der
Schweizer Pensionskassen erhalten, um die Vorsorgeeinrichtungen zu vertreten, nicht gerecht
werden, wie dazu aufzurufen, diese Reform zu unterstützen. Aber in den Stiftungsräten, deren
Aufgabe es ist, unseren Versicherten die besten Leistungen zu den geringsten Kosten zu bieten,
werden wir schon hinterfragen müssen, ob die Beiträge, die wir Ihnen zahlen, gerechtfertigt sind:

Wir werden unsere Verantwortung erneut wahrnehmen müssen, wie wir es seit der Einführung des
BVG 1985 getan haben und wie wir es auch weiterhin tun werden. Die Konsequenzen Ihrer
Unterstützung für diese Reform müssen ja nicht Sie tragen, da Sie als Direktoren von Kassen und
Verbänden keine persönliche Verantwortung in Stiftungsräten tragen.

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